Entwicklungsgeschichte

Die Historie reaktiver Brandschutzbeschichtungen geht auf bauliche Maßnahmen in Verbindung mit dem deutschen Luftschutzgesetz von 1935 zurück.
 Es wurden Feuerschutzmittel zur Ertüchtigung hölzerner Dachtragwerke entwickelt. Der technische Durchbruch bei Dämmschichtbildnern gelingt 1963.

Chemische Werke Albert

Mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Luftschutzrecht vom 18.4.1941 (RGBl. I S. 212) wurde die Behandlung des hölzernen Dachtragwerks von Gebäuden verfügt. Es ist das Einheitsfeuerschutzmittel FM I zu verwenden.
Von der Fachabteilung Feuerschutzmittel der Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie, Berlin W.35 als Hersteller dafür zugelassen sind u.a. die Chemischen Werke Albert in Wiesbaden (Reichsarb. Bl. 1942 Nr. 5 S. I 64).

Den Putz können sie weglassen!

Die Dämmschichtbildner-Technologie selbst hat ihren Ursprung im Wettbewerb zwischen Stahl- und Betonbauweise. In diesem unterliegt der Stahl immer dann, wenn Brandschutzanforderungen stehen. Hilfsweise aufgebrachte Spritzputze waren nur eine Notlösung: Stahl verlangt danach, gesehen zu werden und seine architektonische Vielfalt zur Wirkung zu bringen.

Inzwischen in den Chemischen Werken Kalle-Albert aufgegangen, war es nur eine Frage der Zeit, dass der gleiche Name Anfang der 1960er Jahre wieder auftaucht. Diesmal für eine Beschichtung von Stahl. Mit der Zusicherung „Den Putz können sie weglassen!“ wurde alternativ ein Dämmschichtbildner angeboten. Das reaktive Brandschutzsystem mit dem Namen „Flammschutz-Albert-DS“ war geboren. In zwei unterschiedlich gefärbten Schichten mit insgesamt 1.300 µm aufgetragen, wurde F30 erreicht.

Dieses System und sein Nachfolger „Flammschutz-Albert-DSU 63“ (für 1963) standen zweifelsfrei am Anfang der Entwicklung und waren Maßstab für andere Hersteller. Namentlich Herberts in Köln war mit seinem System „Unitherm“ besonders erfolgreich und stieg sehr schnell zum Marktführer auf.

Der Bereich Holz-und Feuerschutz der Chemischen Werke Kalle-Albert wurde Ende 1968 an die Rütgerswerke AG verkauft, die dann Mitte der 1970er Jahre mit Produkten unter dem Namen „Pyroplast“ zum Holz- und Stahlbrandschutz ebenfalls in den Markt gingen. 

Der technische Durchbruch reaktiver Stahl-Brandschutzsysteme blieb aber den Einschichtsystemen vorbehalten, die Anfang der 90er Jahre entwickelt wurden und die für offene Stahlprofile mit U/A < 300 1/m in einer Schicht von 790 µm einen Feuerwiderstand von 30 Minuten ermöglichten.

"Firetex M70" von W.& J. Leigh & Co.- Bolton, England (Z-19.11-275 vom 05.12.1989)
„Unitherm ES" von Herberts GmbH, Köln (Z-19.11-290 vom 16.08.1990)


Die Anwendbarkeit auch für geschlossene Profile favorisierte zunächst das englische Produkt. Auch hatten die Briten als erste eine Zulassung als Außenmaterial

„FIRETEX M70 Außen” (Z-19.11-407 vom 22.02.1991) 

Dass auch mit geringen Auftragsmengen (1.000 µm für U/A < 160 1/m) eine wirkungsvolle F30-Beschichtung für Hohlprofile erreichbar ist, zeigte

“Nullifire S 603” (Z-19.11-423)

und Herberts hat zuerst nachgewiesen, dass F60 mit Dämmschichtbildnern zu realisieren ist.

"Unitherm 60" (Z-19.11-446 vom 07.09.1992) 

Eine F90-Beschichtung blieb aber noch lange Zeit eine technische Herausforderung, sieht man ab von

„CHARTEK IV“ von Textron, USA (Z-19.11-475)

einer kunststoffarmierte 2-k-Epoxidharz-Beschichtung mit Dicken von 5 mm (U/A < 40 1/m) bis 13 mm (U/A > 270 1/m), die auf Erfahrungen mit Hitzeschilden aus dem Apollo-Programm zurückgreift.

Alle Produkte waren bis hierher lösemittelhaltig und Innenbeschichtungen damit stets problematisch. Mit den Einschicht-Dispersionen auf wässriger Basis

„Hensotherm 4KS" von Rudolf Hensel GmbH, Hamburg (Z-19.11-329 vom 21.11.1988)
„Pyroplast 30D" von Rütgers AG, Mannheim (Z-19.11-427 vom 20.08.1991)


haben die Wettbewerber diese Lücke jedoch recht schnell geschlossen und eine beispiellose Weiterentwicklung betrieben.
Vergleicht man die fortlaufende Nummerierung der Zulassungen mit der eigenen Z-19.11-2095 vom 10.07.2013 wird deutlich, dass diese Einschätzung keine Übertreibung ist.

In der Folge stellt die Erhöhung des erreichbaren Feuerwiderstands von F30 über F60 bis hin zu F90 zunächst noch keinen Quantensprung dar. Diesen haben vielmehr ökologische Aspekte ausgelöst und mancher war anfangs noch ungläubig, dass sogar eine Stahlgrundierung auf wässriger Basis möglich ist?

Es bleibt spannend. Vorausgesagt wird der nächste Quantensprung bei der Lösung der Problematik verdeckter Eigenschaften. Die Stahlbrandschutz GmbH geht voran und hat mit ihrem Patent DE 10 2011 116960 einen Dämmschichtbildner mit Überwachungseigenschaft vorgestellt.